Die Räuber von und nach Schiller

Aha. Endlich habe ich es in Tübingen auch mal in's Theater geschafft. (Herzlichen Dank an die, die es betrifft.) Es gab Die Räuber.

In der Einführung wurde betont, daß ein Hauptanliegen bei Martin Nimzs Inszenierung gewesen sei, darzustellen, was uns das Stück heute noch sagen könne. Interessant übrigens, daß alle Leute nur das Schiller-Jahr im Munde führen, keiner aber das Jubiläum benennt, das da begangen wird. In einem Jahr mit rundem Geburtstag wäre das vielleicht anders. Aber zurück zu den Räubern. Um also dem Rezipienten abzunehmen, selbst einen Sinn zu suchen, wurde das Stück in eine zeitgemäße Form gebracht, der es leider insbesondere am Schluß an Konsequenz mangelt.

Die modernen Äquivalente der erfolgreichen Räuber sind Filmstars, Räuber und Terroristen zugleich (und dabei ist augenscheinlich nicht an Arno Funke gedacht, der vielleicht eine Chance hat, zumindest in einzelnen Zügen an einen modernen Karl von Moor zu erinnern, sondern - brutal muß es sein - an einen oskargewinnenden Bin Ladin). Gleichzeitig werden die einzelnen Räuber zu tragenden Personen mit eigener Biographie aufgewertet - zu Lasten des Hauptmanns, dessen Verzweiflung an der eigenen Verdammnis mir bei der Lektüre zentral schien. Daß dieses Bild nicht zu den bei der Modernisierung zu wahrenden zählt, zeigt sich auch darin, daß auch die Szene in der Folge von Franz apokalyptischem Alptraum marginalisiert wurde.

Diese sehr grundsätzlichen Mängel kann leider auch das insgesamt sehr gute Spiel, vor allem Sören Wunderlich als Franz und Stephan Schäfer als Karl sind zu loben, nicht ausgleichen, zumal sich zwischen sehr gute Ideen - der effektive und creative Einsatz einer Stahlwand als minimalistisches Bühnenbild, der darin gipfelt, die Räuber die Sterbeszene des Vaters im Theater, für das Boden und Stahlwand kurzerhand die Rollen tauschen, sehen zu lassen - leider auch sehr viele allzu wohlfeile Gags und einige Ärgernisse die Ausgestaltung einiger Rollen (Amalia, Hermann) betreffend mischen.

Der Fairness halber muß ich bei aller Ernüchterung aber sagen, daß ich der Versuchung, bei Theateraufführungen eine im Gegensatz zu der bei Kinobesuchen ungleich höheren Meßlatte anzulegen, wohl erlegen und auch im wohlwollenden Goutieren von Modernisierungen möglicherweise nicht der geübteste bin. Wer da weniger pingelig ist, wird die Aufführung sicherlich ganz nett finden können.