Jubiläum

Das festliche Diner, mit dem der nunmehr fünfundsechzigjährige berühmte Kritiker K. nicht nur seinen Geburtstag sondern auch seinen Abschied aus der Literaturredaktion feierte, war von einem Eklat, ja einem kleinen Skandal überschattet, ausgelöst durch den Jubilar, der, als er erwartungsgemäß und dem Anlaß entsprechend gefragt wurde, worin sein Erfolgsgeheimnis bestünde, das ihn ja zum jahrzehntelang wichtigsten Literaturrezensenten einer maßgeblichen, wenn nicht der führenden Zeitung werden ließ, erklärte, Routine, einzig eiserne Routine stecke hinter seiner einmaligen Karriere. Die Routine, mit der er den Stapel, den die ihm zur Besprechung zusandten Bücher auf seinem Schreibtisch stets bildeten, abarbeitete, seine Arbeitsgewohnheit. Unabänderlich habe er zweimal in der Woche, dienstags und donnerstags, je zwei Bücher vom Stapel genommen und rezensiert. Seine in der Fachwelt anerkannten, vom Publikum beachteten und wegen ihrer immer uneingeschränkten Eindeutigkeit in positiven wie negativen Bewertungen selbst von den berühmtesten Autoren gefürchteten Besprechungen seien stets an diesen zwei Tagen entstanden. Absolute Gleichmäßigkeit sei entscheidend für seinen wie für überhaupt jeden großen Erfolg. So habe er allwöchentlich am Dienstag zwei totale Verrisse, vollkommene Vernichtungen, am Donnerstag zwei rückhaltlose Lobeshymnen geschrieben.